Lehrer und Leerer
Ein Lehrer trat an mich heran
Mit Büchern voll von Sternenstaub.
Er zeigte mir was Welten sind
Und schrieb Erkenntnis auf mein Denken —
Mit Kreide auf die Tafeln meiner Zeit.
Er füllte Seiten voll mit Fragen,
Gab dem Klang Form und Dingen Namen.
Er sagte:
„Dies ist ein Baum, das ein Gesetzt,
Hier ein Gedanke, dort ein System.“
Und ich baute mir ein Haus aus Begriffen —
Doch ich wohnte nicht darin.
Ich war reich an Wissen,
Aber arm an Erfahrung.
Verloren im Meer der Informationen
Und getrieben von tausenden Defintionen.
Dann kam er,
Ein Meister —
Auch ein Lehrer,
Nur ohne H und doppelt E.
Nicht da, um mir noch mehr zu geben —
Sondern um mir beim Loslassen beizusteh‘n.
Er nahm mir nichts,
Nur meine Listen,
Ließ mich mit dem, was ich nicht will.
Kein Lob, kein Tadel, keine Ziele —
Nur Räume, in der mein Selbst trat.
Er zeigte nicht,
Er ließ mich sehen,
Wo ich mein Eigenes verrat.
Der Lehrer gab mir viele Schlüssel —
Der Leerer nahm mir das Schloss.
Der eine baute meine Brücken,
Der andere riss die falschen los.
Ich brauche beide auf dem Pfad,
Der eine sprach,
Der andere tat.
Der Lehrer hab mir, was ich ich dachte,
Der Leerer nahm, was ich nicht bin.
Und plötzlich fiel all das schwere Wissen
Als Leichtigkeit aus mir dahin.
Nun gehe ich - halb voll, halb leer —
Und weiß: Der Weg ist nie verkehrt.
Solange ein Lehrer mich belehrt
Und ein Leerer mich entleert,
Wird aus all dem Wissen
Die Weisheit genährt.